von Cathrin Rahn (25.10.2022)
Alljährlich rund um den 2. November feiert Mexiko einen seiner wichtigsten Feiertage, den Día de Muertos. Wie der Name schon verrät, wird am „Tag der Toten“ der Verstorbenen gedacht. Doch anders als man Trauer- und Gedenkfeiern in Deutschland kennt, handelt es sich dabei um ein rauschendes und farbenfrohes Fest mit buntem Treiben auf den Straßen, festlichen Paraden und ausgelassener Musik und Tänzen.
Nach dem Glauben der Urvölker Mexikos, den Tolteken, Azteken, Nahua und anderen, kommen die Seelen der Verstorbenen einmal im Jahr zum Erntedank für kurze Zeit aus dem Jenseits zurück auf die Erde und feiern gemeinsam mit den Lebenden ein fröhliches Wiedersehen. Das Betrauern der Toten, wie wir es kennen, wurde von den prähispanischen Kulturen als respektlos angesehen, da der Tod kein absolutes Ende, sondern lediglich eine Phase im langen Kontinuum des Lebens darstelle.
Diese Ähnlichkeit mit dem christlichen Glauben ermöglichte es nach der spanischen Eroberung und beginnenden Kolonialisierung Mexikos Anfang des 16. Jahrhunderts, die einheimischen Traditionen mit den christlichen Kirchenfesten Allerheiligen und Allerseelen zusammenzulegen und weiterzuführen.
Auch wenn der Tag der Toten in den verschiedenen Regionen Mexikos unterschiedlich gefeiert wird, gibt es einige wiederkehrende Bräuche. Im Zentrum der Festivitäten steht allerorts der reichlich geschmückte Altar (Ofrenda), der die Verstorbenen zurück auf der Erde begrüßen soll. Zu diesem Zweck wird er mit zahlreichen Gaben, wie Blumen, Familienfotos, Wasser für den Durst nach der langen Reise, dem Lieblingsessen der Toten, Papel Picado (kunstvolle Scherenschnittbilder aus Seidenpapier) und Kerzen geschmückt.
Besonders auffällig sind die reichlich verzierten Totenschädel aus Zucker (Calaveras) und die orangenen Studentenblumen (auch Tagetes genannt), die den Seelen der Verstorbenen den Weg zwischen ihrem Grab und dem Altar weisen sollen.
Allgegenwärtig ist das Hauptsymbol der Feierlichkeiten zum Día de Muertos: die vom mexikanischen Künstler José Guadalupe Posada im frühen 20. Jahrhundert erschaffene Skelett-Dame La Catrina mit ihrem großen Hut. Das elegante mexikanische Pendant zum blassen und unheimlichen Sensenmann kann als sarkastischer Sozialkommentar zur Nachahmung europäischer Moden der damaligen Zeit durch die mexikanische Oberschicht verstanden werden. Der Name La Catrina leitet sich ab von dem damals gebräuchlichen Slangwort für Reiche.
Tanz und Musik dürfen bei einem solch rauschenden Fest nicht fehlen. Auch hier werden regionale Unterschiede deutlich, denn ein gemeinsamer Liederkanon fehlt. Zwar haben sich im Laufe der Zeit einige neuere Melodien etabliert, die vor allem in den großen Städten gerne gesungen werden.
In den ländlicheren Gegenden erklingt zum Día de Muertos aber meist die traditionelle Musik der indigenen Völker, die seit vielen Jahrhunderten von Generation zu Generation weitergegeben wird. Dabei handelt es sich häufig um Melodien, zu denen alleine oder in Gruppen getanzt wird. An den Altären zu Hause oder auf dem Friedhof wird überwiegend die Lieblingsmusik der Verstorbenen (ab)gespielt oder gesungen – egal ob Pop, Metal oder traditionelle Mariachi-Musik.
Wie wandelbar und nah am Zeitgeist das Repertoire an Musik zum Tag der Toten ist, zeigte sich in den letzten Jahren vor allem nach dem großen internationalen Erfolg vom Disney-Film Coco im Jahr 2017. Die bewegende Geschichte des kleinen mexikanischen Jungen Miguel dreht sich rund um die Traditionen und Geschehnisse während der Feierlichkeiten zum Día de Muertos. Heute ergänzt der Filmsoundtrack die Auswahl der gerne gesungenen Lieder und ist vor allem bei Feiern im Familienkreis mit Kindern beliebt.
Auch nicht fehlen dürfen typisch mexikanische Genres und Volkslieder. Eines der bekanntesten Lieder ist die Ranchera El Rey von José Alfredo Jiménez aus dem Jahr 1971 über das Leben und das ausgeprägte Selbstverständnis eines Machos. Das Genre der Ranchera ist eng verbunden mit der traditionellen Tanzmusik der Mariachi-Bands mit ihren Cowboystiefeln und breitkrempigen, verzierten Sombreros, die ursprünglich aus dem am Pazifik gelegenen Bundesstaat Jalisco kommen.
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YouTube-Inhalte anzeigenIn den Dörfern Mexikos kursieren zahlreiche Erzählungen über Hexen, Untote, Gespenster und Dämonen, die den Stoff für etliche populäre Volkslieder liefern. Eine weit verbreitete Geschichte ist die von La Llorona (Die Weinende) aus der Region des Istmo de Tehuantepec im Süden Mexikos.
La Llorona ist eine Figur der lateinamerikanischen Folklore, in deren Legenden sie das erste Mal um 1550 auftaucht. Sie erzählen von einer jungen und wunderschönen Frau, die, betrogen und bedroht von ihrem Mann, eigenhändig ihre Kinder in einem Fluss ertränkt haben soll. Für immer verdammt, wandert sie seither weinend als Geist an den Ufern des Flusses auf und ab und sucht ihre Kinder.
Ob das gleichnamige Lied, dessen Entstehungszeit und -ort unklar ist, wirklich die Erzählung von La Llorona oder die Geschichte eines anderen, nicht weniger tragischen Lebens vertont, ist unklar. Die Verzweiflung des lyrischen Ichs spiegelt sich, für jeden hör- und am eigenen Leib erfahrbar, in dem sich rastlos wiegenden Dreierrhythmus wider, der typisch für die Gattung des Son Istmeño ist. Traditionell wird die Sängerin bei ihrer Klage nur von einem kleinen Gitarrenensemble begleitet.
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YouTube-Inhalte anzeigenIm Bundesstaat Veracruz hat die Erzählung La Bruja (Die Hexe) ihren Ursprung, die in vielem der Geschichte von Graf Dracula ähnelt. Auch sie ist in der Überlieferung ein furchterregendes Wesen, das seinen Opfern das Blut aussaugt.
Die Vertonung als traditioneller Son Jarocho gehört zu den beliebtesten Melodien des traditionellen Tanzes von Veracruz, bei dem die Tänzerinnen eine Kerze oder ein Glas auf dem Kopf tragen. Sie erzählt – immer abwechselnd aus der Ich-Perspektive der Hexe und des Opfers – davon, wie nah Hexerei und Verführung beieinander liegen können.
So bunt und unterschiedlich der Tag der Toten in Mexiko gefeiert werden mag, gemein haben all diese verschiedenen Traditionen, Lieder und festlichen Elemente eines: Es geht immer darum, sich der Verstorbenen zu erinnern und sie fest im Herzen zu behalten.
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