Die erschütternde alttestamentliche Geschichte um den Heerführer Jephta, der aufgrund eines vor Gott abgelegten Gelübdes seine Tochter opfert, inspirierte den römischen Komponisten Giacomo Carissimi zu einer ausdrucksstarken, berührenden Vertonung. In den 1640er Jahren komponiert, gehört die Historia di Jephte in die Anfangszeit der Gattung Oratorium und ist zugleich einer ihrer Höhepunkte überhaupt.
Mit nur sechs Solostimmen in wechselnden Besetzungen sowie Basso continuo erzählt Carissimi den lateinischen Bibeltext im frühbarocken Rezitativstil, den er jedoch immer wieder verlässt, um das tragische Geschehen mit allen Registern des affektbetonten Stils zu untermalen. Die chromatischen Stimmführungen und spannungsvollen Harmonisierungen lassen im Dialog Jephtas mit der todgeweihten Tochter und in den Klagegesängen eine intensive Atmosphäre von tiefer Betroffenheit entstehen.
Der Chor setzt sich nach historischem Verständnis nur aus den sechs Solostimmen zusammen, kann aber gut auch in größerer Stärke besetzt werden.
Carus präsentiert das Werk zum 350. Todestag des Komponisten in einer neuen kritischen Ausgabe auf Basis der Abschrift des Carissimi-Schülers Marc-Antoine Charpentier. Eine Generalbassaussetzung ist in der Partitur enthalten.