Gesänge der Liebe

Leokadia Kaschperowa (1872-1940), die als Klavierlehrerin von Strawinsky bisher nur als Fußnote in die Musikgeschichte einging, wird gerade wiederentdeckt. Die zweifache Absolventin des St. Petersburger Konservatoriums trat als virtuose Pianistin und Komponistin in der romantischen Tradition in Erscheinung. Sie stand mit einigen der größten Musiker ihrer Zeit in Verbindung, darunter Balakirev und Auer.

In den 1900er Jahren trat sie sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien auf, doch nach 1920 ging ihre Karriere allmählich ihrem Ende entgegen. Songs of Love wurde erstmals 1904 veröffentlicht. Es gibt keine Belege für eine öffentliche Aufführung zu Lebzeiten von Kaschperowa, obwohl es sehr wahrscheinlich ist, dass sie bei ihren regelmäßigen "musikalischen Dienstagsabenden zu Hause" aufgeführt wurden, die sie in ihren Memoiren erwähnt. Die Transparenz des Klaviersatzes deutet stark darauf hin, dass sie sich selbst beim Singen begleitete.

Kaschperowa besaß dem Vernehmen nach eine schöne Stimme, und im Sommer 1906 beschloss sie, "von der Kunstfertigkeit", wie sie es ausdrückte, des Tenors Raimond von Zur-Mühlen zu lernen, der weithin dafür gefeiert wurde, dass er (mit Clara Schumann) die Tradition des Liederabends entwickelt hatte. Seine Sommerschulen an der Ostseeküste wurden von aufstrebenden Sängern aus ganz Europa und sogar aus Japan und Indien besucht.

Kaschperowa selbst war für die poetischen Texte der Liebeslieder (auf Russisch und Deutsch) verantwortlich, die möglicherweise aus ihrer eigenen bittersüßen Lebens- und Liebeserfahrung entstanden sind; sie heiratete erst 1916 im Alter von vierundvierzig Jahren. Die Tatsache, dass Kaschperowa sowohl die Musik als auch die Texte der Liebeslieder verfasst hat, lässt vermuten, dass sie sehr persönliche Empfindungen zum Ausdruck bringen.