Als Juliane Banse mich fragte, ob ich für sie und das Cherubini-Quartett einige Lieder von Felix Mendelssohn Bartholdy bearbeiten könnte, wusste ich gleich, dass ich beim dritten Umgang mit Liedern eines anderen Komponisten in Form einer Transkription des Klavierparts für Streichquartett anders verfahren müsste als bei den vorausgegangenen (Schumann: op. 107, Schubert: Mignon).
In dem neuen Stück ... oder soll es Tod bedeuten? (die letzte Zeile des Liedes In dem Mondenschein im Walde) habe ich sechs Intermezzi für Streichquartett dazukomponiert, die die Lieder miteinander verbinden: Reflexionen in meiner musikalischen Sprache über ein bereits gehörtes oder folgendes Mendelssohn-Lied, Nach-Gedanken oder vorauseilende, durch die mich, in kurzen Anklängen, fortschreitend Teile aus dem letzten Lied ziehen, dem Fragment Warum sind denn die Rosen so blass, mal in das strukturelle Geschehen eingewoben oder es durchbrechend oder kontrastierend eingeschnitten.
Um auch gedanklich einen Zusammenhalt zu schaffen, habe ich acht Lieder und ein Fragment nach Gedichten von Heinrich Heine ausgewählt. Die Bearbeitung für Streichquartett geht über eine bloße Transkribierung weit hinaus. In einigen Liedern, vor allem in den Strophenliedern Auf Flügeln des Gesanges, Allmählich im Traume, Mein Liebchen, wir saßen beisammen bin ich vom Klaviersatz sehr abgewichen und habe viel dazukomponiert, ohne in die Mendelssohnsche Harmonik einzugreifen, um sie dadurch auch gegen meine eigene Gedankenwelt abzugrenzen, die dann immer wieder von Fragmenten des Mendelssohn-Fragments aufgebrochen wird.
Das Stück ist als Auftragswerk der Schwetzinger Festspiele im Oktober 1996 entstanden und Juliane Banse und dem Cherubini-Quartett gewidmet (Aribert Reimann)